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3.4 Falsche Beweise erkennen *

Fehler passieren immer wieder und es ist wichtig diese zu erkennen: Eigene Fehler (bevor Sie Ihre Lösungen zu den Übungsaufgaben abgeben) und Fehler von anderen – Studierenden, Dozent*innen, in Büchern, Skripten usw. Siehe auch Abschnitt 1.6 in Pinks Skript  [ Pi ] .

Gleichzeitig kann man aus seinen eigenen Fehlern besonders viel lernen. Das soll zwar kein Aufruf sein, absichtlich Fehler zu machen; aber zu viel Angst sollte man davor auch nicht haben. Und: Wenn Sie in den Hausaufgaben Fehler gemacht haben, sollten Sie sicherstellen, dass Sie genau verstehen, was falsch war und wie es richtig gewesen wäre. Fragen Sie gegebenenfalls bei Ihrer Übungsgruppenleiterin nach, falls nötig auch mehrfach!

He was not a very careful person as a mathematician. He made a lot of mistakes. But he made mistakes in a good direction. I tried to imitate him. But I’ve realized that it’s very difficult to make good mistakes.

G. Shimura über Y. Taniyama

Beispiel 3.7

Analysieren Sie den folgenden Beweis:

\includegraphics[width=10cm]{figures/falscherbeweis1}

An expert is someone who knows some of the worst mistakes that can be made in his subject, and how to avoid them.

W. Heisenberg, in: Physics and Beyond

Gefunden auf http://math.furman.edu/~mwoodard/mqs/data.html

Beispiel 3.8

Analysieren Sie die folgende Rechnung.

Aufgabe. Bestimmen Sie die Lösungsmenge des folgenden Gleichungssystems:

\begin{align*} x+y & = 0 \\ x-y & = 3 \end{align*}

Wie viele Elemente hat die Lösungsmenge?

Lösung. Wir ersetzen die zweite Gleichung durch das Produkt der beiden Gleichungen und wenden die dritte binomische Formel an:

\begin{align*} x+y & = 0 \\ x^2-y^2 & = 0 \end{align*}

Die erste Gleichung können wir umschreiben als \(x = -y\). Wenn das gilt, dann ist die zweite Gleichung automatisch erfüllt. Die Lösungsmenge ist also \(\{ (x, -x);\ x\in \mathbb R\} \). Sie hat unendlich viele Elemente.

Beispiel 3.9

Es kommt nicht nur auf das Endergebnis an, sondern auch darauf, ein korrektes Argument verständlich darzulegen. Für die folgende Rechnung gibt es nicht die volle Punktzahl:

\includegraphics[width=8cm]{figures/1664}

Beispiel 3.10

Betrachten Sie die folgenden Figuren (Schachbrett-Paradoxon):

\begin{tikzpicture} [scale=0.55]
    \fill[color=red, opacity=0.3] (0, 0) -- (0, 8) -- (3, 0);
    \fill[color=red, opacity=0.6] (3, 8) -- (0, 8) -- (3, 0);
    \fill[color=blue, opacity=0.6] (3, 0) -- (3, 3) -- (8, 5) -- (8, 0);
    \fill[color=blue, opacity=0.4] (3, 8) -- (3, 3) -- (8, 5) -- (8, 8);
    \draw[step=1cm] (-0.5, -0.5) grid (8.5, 8.5);
    \draw[ultra thick] (0, 0) -- (8, 0) -- (8, 8) -- (0, 8) -- (0, 0);
    \draw[ultra thick] (0, 8) -- (3, 0) -- (3, 8);
    \draw[ultra thick] (3, 3) -- (8, 5);
\end{tikzpicture}
\begin{tikzpicture} [scale=0.6]
    \fill[color=red, opacity=0.3] (0, 0) -- (8, 0) -- (8, 3.1);
    \fill[color=red, opacity=0.6] (5, 1.92) -- (5, 5) -- (13, 5);
    \fill[color=blue, opacity=0.6] (0, 0.05) -- (0, 5) -- (5, 5) -- (5, 1.92);
    \fill[color=blue, opacity=0.4] (8, 0) -- (8, 3.05) -- (13, 4.95) -- (13, 0);
    \draw[step=1cm] (-0.5, -2.5) grid (13.5, 6.5);
    \draw[ultra thick] (0, 0) -- (13, 0) -- (13, 5) -- (0, 5) -- (0, 0);
    \draw[ultra thick] (0, 0.06) -- (13, 4.94);
    \draw[ultra thick] (8, 0) -- (8, 3.1);
    \draw[ultra thick] (5, 5) -- (5, 1.9);
\end{tikzpicture}

Wir sehen:

\[ 64 = 8\cdot 8 = \text{hellrot} + \text{dunkelrot} + \text{hellblau} + \text{dunkelblau} = 13 \cdot 5 = 65 \]

Was geht hier schief? Können Sie sich ähnliche Beispiele ausdenken?

Übrigens: Es ist kein Zufall, dass die Zahlen \(3\), \(5\), \(8\), \(13\), die als Kantenlängen auftreten, ein Teil der Fibonacci-Folge (siehe Frage 2.1) sind.

Beispiel 3.11

Dieses Beispiel benötigt die komplexen Zahlen, siehe 4.5. Analysieren Sie den folgenden Beweis, dass in den komplexen Zahlen \(1=-1\) gilt.

\[ 1 = \sqrt{1} = \sqrt{(-1)\cdot (-1)} = \sqrt{-1}\sqrt{-1} = (\sqrt{-1})^2 = -1. \]