Inhalt

17.7 Ergänzungen *

17.7.1 Die Jordansche Normalform über \(\mathbb R\)

Ist \(A\in M_n(\mathbb R)\) trigonalisierbar, dann besagt der Satz über die Jordansche Normalform, dass \(A\) konjugiert ist zu einer Matrix \(B\in M_n(\mathbb R)\), die Jordansche Normalform hat.

Es ist eine naheliegende Frage, ob es eine »einfache Normalform« für beliebige Matrizen aus \(M_n(\mathbb R)\) gibt. In der Tat kann man mit der folgenden Definition eine solche Normalform beschreiben:

Definition 17.30

Für \(a,b\in \mathbb R\), \(b\ne 0\), und \(r\in \mathbb N_{{\gt}0}\) setzen wir

\[ M_{a,b} = \begin{pmatrix} a & -b \\ b & a \end{pmatrix} \]

und definieren die (nach einem zu den Jordanblöcken analogen Prinzip gebildete) Blockmatrix

\[ J_{r,a,b} = \begin{pmatrix} M_{a,b} & E_2 \\ & M_{a,b} & E_2 \\ & & \ddots & \ddots \\ & & & M_{a,b} & E_2 \\ & & & & M_{a,b} \end{pmatrix} \in M_{2r}(\mathbb R). \]

Theorem 17.31 Jordansche Normalform über \(\mathbb R\)

Sei \(A\in M_n(\mathbb R)\) eine quadratische Matrix über dem Körper der reellen Zahlen. Dann ist \(A\) konjugiert zu einer Block-Diagonalmatrix, deren Blöcke entweder gewöhnliche Jordanblöcke oder Blöcke der Form \(J_{r,a,b}\) (mit \(r\ge 1\), \(a,b\in \mathbb R\), \(b\ne 0\)) sind. Diese Normalform ist eindeutig bestimmt bis auf die Reihenfolge der Blöcke.

Die Blöcke \(J_{r,a,b}\) korrespondieren zu den irreduziblen Polynomen vom Grad \(2\), die das charakteristische Polynom (und das Minimalpolynom) von \(A\) teilen. Es gilt ein ähnlicher Zusammenhang zwischen den Größen der Blöcke und den Vielfachheiten, mit denen diese Polynome in Minimalpolynom bzw. charakteristischem Polynom auftreten.

Zum Beweis kann man - grob skizziert – folgendermaßen vorgehen: Jedenfalls kann man die Matrix \(A\in M_n(\mathbb R)\) als Element von \(M_n(\mathbb C)\) betrachten, und eine Matrix \(S\in GL_n(\mathbb C)\) finden, für die \(SAS^{-1}\) Jordansche Normalform hat (allerdings in \(M_n(\mathbb C)\), es werden also, wenn \(A\) über \(\mathbb R\) nicht trigonalisierbar ist, auch komplexe Zahlen als Einträge auftreten). Weil das charakteristische Polynom Koeffizienten in \(\mathbb R\) hat, sind seine Nullstellen entweder reell, oder tritt für eine Nullstelle \(\lambda \in \mathbb C\setminus \mathbb R\) die komplex konjugierte Zahl \(\overline{\lambda }\) mit derselben Vielfachheit als Nullstelle auf. Man zeigt, dass auch die Größen der Jordanblöcke zu \(\lambda \) bzw. zu \(\overline{\lambda }\) übereinstimmen. (Das folgt aus der Eindeutigkeitsaussage über die Jordansche Normalform über \(\mathbb C\).) Man kann dann zeigen, dass man je einen Jordanblock der Größe \(r\) zu \(\lambda \) und \(\overline{\lambda }\) »zusammenfassen« kann zu einem Block der Form \(J_{r,a,b}\).

Siehe zum Beispiel  [ Kl ] Kapitel 5.6 für weitere Details.

17.7.2 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten

Die Jordansche Normalform ist nützlich in der Theorie der linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten. Damit kann man die Methoden, die wir in Ergänzung LA1.10.28 im diagonalisierbaren Fall skizziert haben, auf den allgemeinen Fall übertragen (über \(\mathbb C\) direkt, und über \(\mathbb R\) mit Hilfe der Jordanschen Normalform über \(\mathbb R\), Theorem 17.31.

Siehe  [ Kl ] Kapitel 5.7. Siehe auch  [ Wa2 ] Kapitel 1.